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Rosa Kanal

#gatti geht gassi

Rosa Kanal, Folge 10

Nach Armand Gattis Stück »Rosa Collectif« (1971).
Videomaterial: »Armand Gatti promène son chien« (Raoul Sangla, 15.12.1999)

»Ein Hund ist, wer den Stiefel der Herrschenden leckt, der ihn jahrzehntelang mit Tritten bedachte. Ein Hund ist, wer im Maulkorb des Belagerungszustandes fröhlich schweifwedelt und den Herren der Militärdiktatur, leise um Gnade winselnd, in die Augen blickt. Ein Hund ist, wer einen Abwesenden, einen Gefesselten heiser anbellt und dabei den augenblicklichen Machthabern Apportdienste leistet. Ein Hund ist, wer die ganze Vergangenheit seiner Partei, wer alles, was ihr ein Menschenalter heilig war, auf Kommando der Regierung abschwört, begeifert, in den Kot tritt.“ (Rosa Luxemburg in: Hundepolitik, 1916)

(25.02.2021) Achtung! Achtung! Hier spricht der Rosa Kanal! Wer führt den Kampf weiter? Guerilla? Gorilla? Gysi? Die Gatti-Erben? Wir halten die Stellung, bis er weitergeht. Wir sind der Volt mit den Geheimpapieren, jede von uns ist ein Tresor. Eine Kanonenkugel, die auf die Explosion wartet. Rosa Kollektiv, Explodierendes Theater, Kommando Armand Gatti, Sondergesandter im Wildtierkäfig. Wir bewachen den Schlaf der Internationale. Uns wurde die Botschaft übergeben, die wir weitergeben müssen, aber wir sprechen ihre Sprache noch nicht. La Parole Errante.
Das umherirrenden Wort, Gatti! Das umherirrende Wort, Rosa! Das aus Versehen über einen Gedanken stolpert, im Ohr verfängt, in den Hirnwindungen, in den Widersprüchen des Kapitalismus einen Funken entzündet… Und die Revolution auslöst. Rosa Kollektiv – das umherirrende Wort, dass noch keine Augen hat, noch keine Ohren. Das sich nicht sieht und nicht hört. Wir sind das Projektil, aber wir schießen uns nicht selbst ab, wir kennen unsere Flugbahn nicht, wir haben uns nicht abgeschossen. Wir sind das Revolutions-Schutzgebiet, die Analphabeten der Revolution, wir bewahren sie auf bis später, die Brotbüchse der Revolution. Noch lernen wir die Buchstaben. Klasse an sich, aber nicht für sich! Das revolutionäre Subjekt hat sich noch nicht lesen gelernt. Rosas Masse lernt sich lesen – in den Hieroglyphen, die die Spuren der vergangenen Kämpfe in die Geschichte schreiben, an den Narben, die das Wetter voraussagen. Das Wetter, das der Kapitalismus macht, ist ungünstig zu seiner Entschlüsselung. Wir sind gefangen im Nebel der sozialen und ökonomischen Situation, Rosa! Wir können keine drei Meter nach vorne oder hinten sehen. Wir vermessen den Raum mit unseren Fehltritten. Wir träumen, dass sich das umherirrende Wort in unsere Zelle verirrt. Wir gehen Gassi mit Gatti. Wir trainieren: die Tauben, die Meisen, die Spatzen und Ratten. Das Proletariat der Lüfte und des Untergrunds. Die Walfische sind unsere Genossen, schreibt Gattis Vater Auguste in die erste anarchistische Verfassung Patagoniens. Das umherirrende Wort: Der Zusammenschluss der Spatzen zum Walfisch!

Produktion: Bálint von Berg, Maximilian Brauer, Susanne Bredehöft, Margarita Breitkreiz, Christian Filips, Felix Hielscher, Johannes Jost, Luise Meier, Steve-Léo Mekoudja, Mariana Senne, stefanpaul, Carlotta Schuhmann, Isa Schulz, Konrad Walkow, Sabine Zielke, Daniela Zorrozua und dem Rosa Kollektiv, das ist, was es sein wird.

Webserie zum 150. Geburtstag von Rosa Luxemburg. Staffelfinale am 5. März 2021 in der Volksbühne. Im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Volksbühne Berlin. Mit freundlicher Unterstützung von Moabit Mountain College / Neue Nachbarschaft Moabit.